LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON „Herz- und Gefäßerkrankungen“ am 13.06.2013

Die wichtigsten Leserfragen beim Expertentelefon am 13.06.2013 mit dem Thema „Herz- und Gefäßerkrankungen“

 

 

 

 

 

 

 

Mein Mann arbeitet viel, raucht und steht ständig unter Strom. Ist es für so einen typischen Herzinfarkt-Kandidaten sinnvoll, einen Gefäßcheck machen zu lassen? Was genau wird dabei untersucht und wo macht man das?

  • PD Dr. med. Andreas Schäfer, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Internistische Intensivmedizin. Stellvertretender Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover: Stress und Rauchen sind zwei wesentliche Risikofaktoren für Gefäßkrankheiten, die zum Herzinfarkt oder Schlaganfall führen können. Es ist natürlich wünschenswert, diese Faktoren auszuschalten. Der Gefäßcheck kann nur bisher angefallene Schäden aufdecken. Hierbei geht es darum, das Herz mittels EKG und Herzultraschall anzuschauen, den Blutdruck zu messen und die Gefäßwandstruktur der Halsschlagadern darzustellen. Zusätzlich gehören einige Laboruntersuchungen dazu, vor allem die Blutfette und ein Belastungstest zur Zuckerverstoffwechselung. Aufgrund der Ultraschalluntersuchung des Herzens ist es sinnvoll, diese Untersuchungen bei einem Kardiologen machen zu lassen.

Mein Arzt sagt, ich hatte vor einiger Zeit einen Herzinfarkt. Ich weiß von nichts. Hätte ich das nicht merken müssen?

  • PD Dr. med. Andreas Schäfer: In der Regel wird der Herzinfarkt über starke Brustschmerzen wahrgenommen. Manchmal kommt es allerdings zu etwas untypischen Formen des Infarktes, manche Menschen fühlen sich „nur“ sehr schlecht, niedergeschlagen oder unwohl. Vor allem kann dies auch bei Patienten mit einer Zuckererkrankung auftreten. Wenn Ihr Arzt diesen Verdacht – zum Beispiel aufgrund eines EKGs – geäußert hat, sollte zunächst durch einen Kardiologen ein Herzultraschall durchgeführt werden. Finden sich darin Bewegungsstörungen des Herzens in einzelnen Regionen, wäre sogar eine Herzkatheteruntersuchung sinnvoll, um den Zustand der Herzkranzgefäße direkt zu beurteilen.

Ich soll künftig stärker auf meine Gefäßgesundheit achten und meinen Lebensstil anpassen. Was ist damit gemeint? Was tut den Gefäßen gut? Und warum ist Stress eigentlich schädlich?

  • PD Dr. med. Andreas Schäfer: Lebensstiländerungen, die sich positiv auf die Gefäße auswirken, beinhalten mediterrane Ernährung, leichten Ausdauersport sowie den Verzicht auf Rauchen. Ein wichtiger Faktor ist die Vermeidung von Stress: Eine dauerhafte Aktivierung der Adrenalinfreisetzung bei Stress führt zu einer Überlastung des Körpers mit Engstellung der Blutgefäße und einem vermehrten Sauerstoffbedarf der Herzmuskulatur, die sich dann nicht mehr ausreichend erholen kann. Beides zieht einen Bluthochdruck nach sich, der wiederum zu dauerhaften Schädigungen der Blutgefäße und der Nieren führt. Letztlich erhöht sich damit das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Stimmt es, dass es bei hohem Cholesterin besser ist, an einem Tag drei Eier zu essen, statt an drei Tagen hintereinander eins? Was sollte man bei einer ausgewogenen Ernährung noch berücksichtigen?

  • Dr. med. Peter W. Frank, Facharzt für Allgemeinmedizin, Sport-, Betriebs- und Flugmedizin in einer Praxis in Gröbenzell bei München: Hühnereier enthalten Cholesterin, doch dies ist bei einem Verzehr von bis zu vier Eiern pro Tag für einen Gesunden ohne negativen Einfluss auf den Cholesterinspiegel. Allerdings sollten Menschen mit einem erhöhten Cholesterinspiegel den Eierverzehr einschränken, da die körpereigene Cholesterin-Regulierung gestört ist. Eine ausgewogene Ernährung sollte täglich aus ca. 50 Prozent Kohlenhydraten (Obst, Gemüse, Getreide, Vollkornnudeln), ca. 25 Prozent Fett (bevorzugt pflanzliche und ungesättigte Fette) und etwa 20 Prozent Eiweiß (Fisch, Fleisch, Käse, Eier) bestehen.

Ich habe mit meinem Typ-2-Diabetes schon genug zu tun. Doch nun meinte meine Ärztin, mein Herzinfarktrisiko sei aufgrund der Zuckerkrankheit erhöht. Wie besteht da ein Zusammenhang?

  • Dr. med. Peter W. Frank: Typ-2-Diabetiker zählen zu einer Hochrisikogruppe für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Herzinfarktrisiko ist für einen Diabetiker genauso hoch wie für einen Nicht-Diabetiker, der bereits einen Infarkt hatte. Deshalb ist es bei Diabetes unerlässlich, auch auf die Cholesterinwerte und den Blutdruck zu achten. Das Zusammenspiel der Risikofaktoren bestimmt das Gesamtrisiko für einen Herzinfarkt. Aber Sie können selbst durch ein gesundheitsbewusstes Verhalten mit ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung viel dazu beitragen, mögliche negative Folgen Ihrer Diabeteserkrankung zu vermeiden oder zumindest hinauszuzögern.

Ich dachte, Cholesterin sei grundsätzlich schädlich. Aber nun habe ich gehört, dass der Körper Cholesterin unbedingt benötigt. Was hat es damit auf sich?

  • Dr. med. Peter W. Frank: Cholesterin ist ein lebenswichtiger Baustein für jede einzelne Zelle unseres Körpers. Es ist für die Bildung der Zellwand notwendig, aber auch für die Entstehung männlicher und weiblicher Sexualhormone. Auch die Gallensäure, die für die Verdauung gebraucht wird, und Vitamin D, das für den Kalziumhaushalt und die Knochengesundheit erforderlich ist, entstehen aus Cholesterin. Der Körper produziert Cholesterin daher in der Leber selbst, den Rest nimmt er über Cholesterin aus der Nahrung auf. Jedoch ist ein Zuviel an Cholesterin schädlich, da es zur Arterienverkalkung beiträgt. Man sollte seine Cholesterinwerte daher kennen.

Obwohl ich kein Risikopatient bin, bekomme ich mein hohes LDL-Cholesterin mit Sport und gesunder Ernährung nicht in den Griff. Muss mein LDL-Cholesterin überhaupt gesenkt werden und was kann ich tun?

  • PD Dr. med. Mark Lankisch, Internist, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Diabetologie, niedergelassen in einer kardiologischen Gemeinschaftspraxis in Düsseldorf: Das LDL-Cholesterin muss nicht zwingend gesenkt werden. Eine Senkung hängt davon ab, wie hoch das individuelle Risiko für das Entstehen einer koronaren Herzerkrankung ist. Hierzu gibt es Risikorechner wie den PROCAM-Score. In die Kalkulation des persönlichen Risikos fließen Faktoren wie das Lebensalter, der Blutdruck, erhöhter Blutzucker (Diabetes mellitus), die aktuellen LDL-, HDL- und Triglyzeridwerte, die familiäre Häufung von Herzerkrankungen und das Rauchen mit ein. Erst anhand der Berechnung kann man sagen, wie hoch das persönliche Herz-Kreislauf-Risiko ist und wie hoch das LDL-Cholesterin sein sollte.

Mein Arzt will meine Therapie von einem Statin auf eine Kombinationstherapie umstellen. Warum soll das besser sein? Haben mehr Tabletten nicht auch mehr Nebenwirkungen?

  • PD Dr. med. Mark Lankisch: Wenn die individuellen Zielwerte für das LDL-Cholesterin mit einem Statin nicht erreicht werden, kann eine Kombinationstherapie sinnvoll sein. Dabei versucht man, die Cholesterinsenkung durch zwei unterschiedliche Wirkmechanismen zu erreichen. Ein Statin sorgt dafür, dass die Leber weniger Cholesterin produziert. Als zweites Medikament kann beispielsweise ein sogenannter Cholesterinaufnahmehemmer eingesetzt werden, der bewirkt, dass weniger Cholesterin aus dem Darm aufgenommen wird. Wenn ein Statin alleine nicht ausreicht, um das LDL-Cholesterin genügend zu senken oder hohe Dosierungen eines Statins nicht vertragen werden, sind Kombinationstherapien eine Alternative.

Ich habe seit vielen Jahren Venenprobleme und häufig dicke Beine. Habe ich damit automatisch ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall? Wie kann ich vorbeugen?

  • PD Dr. med. Mark Lankisch: Sie haben bei Venenproblemen und damit häufig verbundenen dicken Beinen nicht automatisch ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Schlaganfalles oder eines Herzinfarkts. Diese Erkrankungen werden durch Veränderungen in den Arterien verursacht. Bei ihnen sollte eine Herzultraschalluntersuchung sowie ein Belastungs-EKG durchgeführt werden, um Erkrankungen der Arterien oder eine Herzschwäche bzw. einen Herzklappenfehler als mögliche Ursache für die geschwollenen Beine auszuschließen.

Ich habe gelesen, die Cholesterinwerte um jeden Preis zu senken, sei auch nicht das Richtige. Woran erkenne ich, dass mich mein Arzt richtig einstellt?

  • Prof. Dr. med. Sabine Westphal, Chefärztin des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik am Städt. Klinikum Dessau: Bei der Bewertung des koronaren Risikos ist man inzwischen davon abgegangen, Cholesterinwerte isoliert zu betrachten. Wir sehen die Cholesterinkonzentration und insbesondere die Konzentration des LDL-Cholesterins nicht als isolierten Risikofaktor, sondern im Rahmen des Gesamtrisikos. Und da dieses Risiko individuell verschieden ist, gelten auch unterschiedliche LDL-Zielwerte. Dies macht die Beurteilung eines Laborwerts für den behandelnden Arzt besonders schwierig. Es gibt aber bisher keine untere Grenze für das LDL-Cholesterin.

Dass ich einen Herzinfarkt bekommen habe, hat mich sehr erschreckt. Wie kann ich verhindern, dass sich meine Gefäße weiter verschlechtern?

  • Prof. Dr. med. Sabine Westphal: Zunächst einmal sollten Sie Ihre Cholesterinwerte im Auge behalten, denn das Herzinfarktrisiko steigt mit den LDL-Cholesterinkonzentrationen im Blut. Auch erhöhte Triglyzerid- und erniedrigte HDL-Cholesterinwerte sind mit einer erhöhten Gefahr für Herz und Gefäße verknüpft. Im Rahmen eines umfassenden Cholesterinmanagements kommt einer zielgerichteten Ernährungsumstellung auf eine kaloriengerechte, ballaststoffreiche und fettarme Kost eine wichtige Bedeutung zu. Gemeinsam mit weiteren Lebensstiländerungen wie einer Gewichtsreduktion und regelmäßiger Bewegung bildet sie die Basis jeder Therapie. Allerdings sind diese Maßnahmen in aller Regel allein nicht ausreichend. Um die gewünschten Zielwerte für Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) zu erzielen, sollten sie deshalb bei Bedarf durch eine medikamentöse Therapie ergänzt werden. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung (DGK) führt die Senkung des LDL-Cholesterins bei KHK-Patienten zu einer Verlangsamung der Arteriosklerose, zu einem Rückgang kardiovaskulärer Ereignisse um 30 bis 40 Prozent und der Sterblichkeit um über 30 Prozent.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen